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Welcher Hobby-Astronom kennt das nicht: Die Rüstzeiten (Packen, Anfahrt, Aufbau, Abbau, Rückfahrt, Aufräumen) geht so viel Zeit verloren, daß fürs eigentliche Beobachten gar nicht mehr viel übrig bleibt. Vor allem, wenn fotografische Ambitionen hinzu kommen, die eine genauere Ausrichtung und noch mehr Ausrüstung erfordern.

 

Erste "Hirngespinste"

Im Herbst 2012 daher reifte schnell der Entschluß: Eine eigene Sternwarte soll her. Eine erste grobe Checkliste konnte abgehakt werden:

- Platz ist im Garten ausreichend vorhanden, es bieten sich gleich mehrere Plätze an mit diversen Vor- und Nachteilen, "Wer die Wahl hat, hat die Qual" ...

- Der Blick ist weitgehend frei und ohne Streulicht. Keine direkte Sicht zu den tiefer stehenden, wenigen Straßenlaternen. Nach Süden nur Wald und Wiese. Keine größeren Bäume in direkter Nähe, die den Blick beeinträchtigen.

- Der Nachthimmel ist nicht perfekt aber gut, die nächsten Lichtschleudern Konz und Grevenmacher sind jeweils mehrere Kilometer entfernt. Eine Prüfung ergab eine Hintergrund-Helligkeit von teilweise gut unter 20mag und das Band der Milchstraße ist in klaren Nächten gut zu sehen.

- Die Sternwarte liesse sich über bereits vorhandene Außenkabel leicht mit Strom versorgen.

- Besonders wichtig: Entsprechende Hilfe von kompetenter Seite aus dem Freundeskreis ist ebenfalls vorhanden!

 

Kleinere Nachteile mußten dabei jedoch auch in Kauf genommen werden:

- Durch die Hanglage ergibt sich ein leicht beeinträchtigter Blick nach Süd sowie erhöhte Aufwände bei der Fundamenterstellung.

- Wasserbillig stört etwas, liegt aber im Norden und dies läßt sich daher durch den zirkumpolaren Charakter der Sterne dort verschmerzen.

Die zusätzlichen Vorteile einer stationären Warte wiegen jedoch diese kleinen Nachteile mehr als auf ... und so machten wir uns im Winter 2012 an die Detailplanung.

 

Konkrete Planung

Dabei kam am Ende folgendes heraus, entwickelt über den Winter 2012/2013:

Konzept Sternwartenbau.pdf: Download

Skizze Rolldachhuette.pdf: Download

Ich möchte mich ganz besonders bei den zahlreichen, im PDF detailliert erwähnten Ideengebern und Rolldachhütten-Pionieren bedanken, deren Seiten ich eifrig durchforstet habe auf der Suche nach den besten Konzepten. Es ist daher für mich selbstverständlich, daß auch ich meine Planungen publiziere und wer möchte kann sich sehr gerne an mich wenden für Informationen.

Außerdem erhebt die Dokumentation keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Richtigkeit. Für eventuelle Fehler oder vergessene Aktualisierungen (es ändert sich ja so viel im Laufe des Baus) möchte ich mich entschuldigen. Eine Haftung ist ausgeschlossen. Gerne dürfen sämtliche Ideen und Konzepte verwendet werden zum Bau einer eigenen Warte. Ich drücke Euch die Daumen, daß das gut klappt! Nicht aufgeben! Ich bin handwerklicher Laie und habe es auch dank guter Hilfe dennoch relativ gut hinbekommen ...

 

Sternwartenbau

Der Bau fand statt im Sommer 2013.

Hier das "First Light" Video, welches den ersten Test der Montierung auf der frisch errichteten Säule zeigt: 

Ein weiteres Timelapse-Video gibt es vom Bau, d.h. von den wesentlichen Schritten davon. Über mehrere Tage hat die Kamera draussen gestanden und insgesamt 3.195 Bilder gemacht, die zu diesem Video verarbeitet wurden (die Musik ist übrigens ebenfalls selbst erstellt):

Im Rahmen des Baus wurden einige Details anders gemacht als in der Planung vorgesehen. Ein paar Beispiele:

- Der Einfachheit halber wurden ein Erdkabel und zwei Leerrohre eingezogen zwischen Säule und Kontrollraum. In eins der Rohre haben wir von Anfang an ein 5m USB Verlängerungskabel eingezogen. Natürlich falsch herum, weil ich nicht mitgedacht habe! Egal, ein paar Gender Change Adapter haben es günstig gerichtet ...

- Es wurde weniger Holz im Innenraum verarbeitet als gedacht. Die Wandpaneele reichten durch eine Verkürzung, d.h. indem wir die Wand nicht komplett durchgezogen haben und einfach eine Lücke vorn gelassen haben. Somit haben wir uns einen Türausschnitt gespart und ein Paneel weniger benötigt.

- Auch die ursprünglich zusätzlich geplante, komplette Dachverstärkung haben wir uns gespart. Wir haben nur seitlich zwei kleinere Balken angebracht, auf denen die vorhandenen Stützbalken aufliegen, und mit Winkeln gegen diese verstärkt.

- Die Rollen haben wir etwas hereingezogen, d.h. nicht genau ganz auf die Ecken (Enden), sondern gut 50cm davor. Somit ist es nun möglich das Dach etwas weiter hinauszurollen und jegliche Beeinträchtigung des Beobachtungswinkels nach Süden zu vermeiden. Die Rollen sitzen auch genau auf Belastungspunkten, was somit für die Gesamtstabilität eher besser ist.

 

Folgende Ausbaustufen sind noch geplant ("kommen Zeit und Geld ...").

- Weitergehende Automatisierung der Warte über einen fernsteuerbaren (LAN? DECT?) Garagentorantrieb sowie computergesteuerten Fokussierer - eine Fernsteuerung des Kontroll-PC ist bereits möglich :-)

- Ausbau zu einer Wetterwarte mit speziellen Meßpunkten für die Warte (zB Taupunkt-Abgleich mit Geräten, Warnungen bei starkem Wind, usw.) - die Basisstation ist bereits aufgebaut (Davis Vantage Pro2) und misst eifrig :-)

- Messung der Lichtverchmutzung, hier bieten sich verschiedene weltweite Projekte an, und die Teilnahme ist relativ einfach, sofern man eine dauerhafte Internetverbindung herstellen kann zum Sensor. Dieses Projekt soll noch 2014 realisiert werden.

- Die Kinder planen die Errichtung eines kleinen Mini-Planetenwegs. Die Materialien dafür haben wir bereits besorgt. Jetzt sind wir gespannt, was die beiden hier bauen werden.

 

"Lessons Learned"

Am wichtigsten sind wohl die gelernten Lektionen. Was würde man heute anders machen ... als Hinweis für alle, die noch vor der Realisierung stehen ... die Liste wird bei Bedarf ergänzt :-)

- Ausführung der Betonsäule: Obwohl die Säule massiv und entkoppelt ist schwingt sie leicht bei starker Berührung. Auch durch L-Profile lies sich das bisher nicht in den Griff kriegen. Es wurden Stangen im Beton eingebracht sowie das Rohr fast einen Meter tief eingebaut. Daher sind wir uns im Unklaren, warum die Schwingungen auftreten. Glücklicherweise gibt es keinen Einfluß auf den Betrieb.

- Abdichtung: Bürsten sind teuer und sonst gibt es leider nicht allzu viel, was man nehmen kann, um den Spalt dicht zu kriegen. Ganz dicht soll er auch nicht sein wegen der Luftzirkulation, allerdings zieht man damit viele Insekten an vor allem im Herbst/Winter, und muß diese dann rechtzeitig entfernen. Überhaupt sollte man darauf achten, möglichst wenige Einquartier-Möglichkeiten zu schaffen.

- Holz arbeitet. Daß es jedoch bereits nach einer Woche offene Spalten zwischen den Bohlen von mehreren Zentimetern gibt hat uns selbst überrascht. Man sollte daher nicht alle Schrauben schon komplett eindrehen, sondern an ein paar Stellen warten, bis sich die Konstruktion gesetzt hat, zumindest solange gutes Wetter ist (windstill). Auch gut, daß der für den Rollbetrieb vorgesehene Abstand groß genug gewählt war, denn aufgrund der Dachlast ist auch dieser etwas kleiner geworden.

- Das gesamte Rollsystem hat sich dagegen unerwartet bewährt. Starke, große Rollen, in vorher gefräste Öffnungen seitlich in die Balken eingebracht, stellen einen geringen Widerstand und minimale Abstände sicher. Wir hätten aber genauer arbeiten müssen für die seitliche Verkippung. Ein paar zusätzliche Winkel, die wir als Stabilisierung direkt über den Rollen anbrachten, lösten das Problem aber leicht.

- Wenn man einen separaten Kontrollraum einrichtet stößt man eventuell auf zwei Probleme. Einmal die Scheibe dazwischen (empfehlenswert, denn so kann man immer die Freigängigkeit bei Positionierungen / Nachführung im Auge behalten). Auch mit Scheibe muß man dann z.B. beim Fokussieren immer zwischen Kontrollraum (PC) und Gerät wechseln, was teilweise sehr nervig werden kann. Hier empfiehlt sich eine Zweitkonsole oder zumindest ein alter Zweitbildschirm im Beobachtungsraum.

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